Medizin-Influencer vor Gericht: Werbung für Beauty-Eingriffe – BGH klärt Grenzen

In TV und sozialen Medien sind „Dr. Rick und Dr. Nick“ für Hyaluron- und Botox-Eingriffe bekannt. Nun hat sich der BGH ihrer Arbeit gewidmet: Dabei ging es um die Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern.

Aufgespritzte Lippen, geglättete Falten, eine korrigierte Nase oder definierte Wangenknochen – der Markt für sogenannte minimalinvasive Schönheitsbehandlungen mit Botox oder Hyaluron ist groß. Im Internet und vor allem über sozialen Medien bewerben Anbieter diese Eingriffe teils mit Bildern, die Patienten vor und nach der Behandlung zeigen sollen. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe schiebt dieser Art der Werbung nun einen Riegel vor.

Für eine Behandlung, bei der dem Kunden Hyaluron gespritzt und dadurch die Form oder Gestalt etwa von Nase oder Kinn verändert wird, darf nicht mit Vorher-Nachher-Bildern geworben werden, stellt das höchste deutsche Zivilgericht am Donnerstag in einem Urteil klar. Konkret ging es in dem Verfahren um das Unternehmen Aesthetify von den beiden bekannten Ärzten und Influencern „Dr. Rick und Dr. Nick“. (Az. I ZR 170/24)

Spritze statt Skalpell

An insgesamt sechs Standorten in Deutschland bietet Aesthetify ästhetische Behandlungen wie Nasenkorrekturen oder Lippenformungen mit Hyaluron oder Botox an. In der Vergangenheit hatte das Unternehmen mit Sitz in Recklinghausen dazu auf seiner Internetseite sowie bei Instagram Vorher-Nachher-Bilder von den minimalinvasiven Behandlungen verbreitet.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sah darin einen Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz. Das verbietet nämlich vergleichende Darstellungen vor und nach dem Eingriff in der Werbung für „operative plastisch-chirurgische Eingriffe“, die medizinisch nicht notwendig sind. Im Zentrum des Verfahrens stand die Frage, ob auch minimalinvasive Eingriffe mit Spritze statt Skalpell unter diese Beschreibung und damit unter das Verbot fallen.

BGH bestätigt Verbot

Der BGH bejahte das nun und bestätigte damit eine frühere Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm. Die Kollegen aus NRW seien zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei den Behandlungen, bei denen mittels eines Instruments in den menschlichen Körper eingegriffen und dadurch seine Form oder Gestalt verändert werden, um operative plastisch-chirurgische Eingriffe handelt, erklärte der Senat. Als solche dürfe für ihre Wirkung nach dem Heilmittelwerbegesetz nicht mit Vergleichsbildern geworben werden.

Diese weite Auslegung sei mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbar und entspreche dem Schutzzweck der Vorschrift, begründete der BGH seine Entscheidung. Denn das Verbot solle unsachliche Einflüsse durch potenziell suggestive und irreführende Werbung für medizinisch nicht notwendige Eingriffe zurückdrängen. So solle verhindert werden, dass sich Menschen unnötigen Risiken aussetzen, die ihre Gesundheit gefährden könnten.

„Risikoprofil“ spielte am BGH keine Rolle

Aesthetify hatte argumentiert, die Botox- und Hyaluron-Behandlungen hätten „ein ganz anderes Risikoprofil“ als klassische Schönheits-Operationen mit Skalpell. Das Risiko der minimalinvasiven Eingriffe sei eher mit einer Tätowierung oder einem Piercing vergleichbar. Doch auch dieses Argument zog am BGH nicht. Beim Piercen oder Tätowieren handele es sich schließlich nur um ästhetische Veränderungen der Hautoberfläche, so der Senat.

Ihr Unternehmen nutze schon seit geraumer Zeit keine Vorher-Nachher-Bilder mehr, hatten Geschäftsführer Henrik Heüveldop („Dr. Rick“) und Dominik Bettray („Dr. Nick“) nach der mündlichen Verhandlung Anfang Juli erklärt. In Karlsruhe sei es ihnen aber darum gegangen, für ihre Patienten einzustehen. Die würden sich direkte Vergleichsbilder nämlich wünschen und hätten auch ein Recht auf umfassende Information – einschließlich „visueller Eindrücke“.

Zu Risiken zählen blaue Flecken und Infektionen

Die Verbraucherzentrale NRW ist da gänzlich anderer Meinung. Wenn auf Vorher-Nachher-Fotos in der Werbung ausschließlich das positive Endergebnis gezeigt werde, bestehe die Gefahr, dass Verbraucherinnen und Verbraucher die Risiken der Behandlung komplett ausblendeten, sagte Anwältin Susanne Punsmann. Aesthetify benenne auf seiner Internetseite selbst die Gefahren – darunter Schwellungen, blaue Flecken oder auch Infektionen, allergische Reaktionen und Embolien.

Das Karlsruhe Urteil schütze Verbraucher vor manipulativer Werbung und unrealistischen Schönheitsversprechen auf Social Media, sagt Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale, nach der Verkündung. „Schönheit per Spritze ist kein harmloser Trend, sondern ein medizinischer Eingriff – und darf nicht wie ein Lifestyle-Produkt vermarktet werden“. Weiterhin erlaubt sind Vorher-Nachher-Bilder im ärztlichen Beratungsgespräch.

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