Sexueller Missbrauch: Missbrauch: Landtag befürwortet bayernweite Aufarbeitung

Betroffenen von sexuellem Missbrauch geht das politische Engagement gegen solche Fälle nicht weit genug – deshalb wandten sie sich an den Landtag. Mit Erfolg.

Der Bayerische Landtag steht fraktionsübergreifend hinter Forderungen von Betroffenen von sexuellem Missbrauch und von Experten nach einer bayernweiten Aufarbeitungskommission und einer unabhängigen Anlauf- und Beratungsstelle. Sämtliche Fraktionen stellten sich in einer Sitzung des Sozialausschusses hinter eine entsprechende Petition – nun muss die Staatsregierung die Forderungen der Initiatoren neu prüfen und würdigen. Ziel sei, dass die Petition erfüllt werde, sagte der CSU-Politiker Thomas Huber. Die Initiatoren, die seit Jahren für ihre Forderungen kämpfen, reagierten erfreut.

„Umfassende Aufarbeitung und Aufklärung zwingend“

Konkret fordern die Initiatoren mit ihrer Petition: eine unabhängige bayerische Aufarbeitungskommission, die unter anderem einen klaren Rahmen für die Aufarbeitung von Gewalt in verschiedenen Institutionen erarbeiten soll; einen Landesbeauftragten gegen Gewalt in Institutionen – ähnlich dem Amt der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) auf Bundesebene; einen landesweiten Betroffenenrat; und eine unabhängige Anlaufstelle für Betroffene von Gewalt in Institutionen.

„Um Kinder und Jugendliche bestmöglich vor jeder Form von Gewalt zu schützen und den Betroffenen von gestern, heute und morgen entschlossen zur Seite zu stehen, ist die umfassende Aufarbeitung und Aufklärung erlittenen Unrechts und die Schaffung eines rechtlich fundierten, funktionierenden Hilfesystems zwingend geboten“, hieß es in der Petition an den Landtag. Ziel der Initiatoren ist die Bekämpfung von „sexualisierter, körperlicher, psychischer, spiritueller und behördlicher Gewalt“, und zwar überall, in allen Institutionen, nicht nur in den Kirchen, in denen sich die Verbrechen ereignet hätten.

Die Bundesbeauftragte gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, Kerstin Claus, sagte: „Der Schutz von Kindern und Jugendlichen entscheidet sich vor Ort – deshalb braucht es starke politische Strukturen auch in den Bundesländern.“ In Bayern könne eine Landesbeauftragte gegen sexuellen Missbrauch, ein Betroffenenrat sowie eine unabhängige Aufarbeitungskommission viel bewirken, sagte Claus.

Betroffene forderten jahrelang ein stärkeres Engagement der Politik

Inzwischen haben zahlreiche Bistümer der katholischen Kirche in Deutschland, die evangelische Kirche und auch andere Institutionen Gutachten zu Missbrauchsfällen in Auftrag gegeben, Betroffenenbeiräte oder Kommissionen eingesetzt. Dass die Aufarbeitung vielfach alleine den Organisationen überlassen wird, in denen der Missbrauch geschehen ist, kritisieren Betroffene aber seit Jahren und forderten beständig ein stärkeres Engagement der Politik.

Das Sozialministerium hatte argumentiert, Aufarbeitung und Entschädigung seien Aufgabe und Verpflichtung der Träger der betroffenen Einrichtungen und der Kommunen. Bayern habe aber eine Anlauf- und Beratungsstelle geschaffen, und es gebe im Freistaat ein dichtes, verlässliches und flächendeckendes Hilfenetz für alle Betroffenen von Missbrauch und sexualisierter Gewalt.

„Wir wollen den Betroffenen helfen“

Huber sagte auch im Namen der Koalition CSU/Freie Wähler, es gebe zwar ein enges Netz an Anlaufstellen und – aber man müsse etwa prüfen, ob nicht ein eigener Landesbeauftragter Sinn mache, oder auch ein eigenes bayerisches Aufarbeitungsgesetz. Und das bestehende Netz müsse noch engmaschiger werden. „Wir unterstützen diese Petition“, betonte Huber. „Wir wollen den Betroffenen helfen – wir wollen nicht Täterorganisationen schützen.“

Gabriele Triebel (Grüne) sagte, es gebe eine Lücke in Bezug auf unabhängige Aufarbeitung, die man schließen wolle. Das sei man den Betroffenen schuldig. Der Sprecher des Betroffenenbeirates des Erzbistums München und Freising, Richard Kick, forderte, es müsse nun schnell gehandelt werden.

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