Agrarförderung: Bauernpräsident zu EU-Reformplänen: „Verstand verloren“

EU-Pläne zur Reform der Agrarförderung lassen auch bei Bauern in Mecklenburg-Vorpommern die Alarmglocken schrillen. Die Getreideernte läuft bislang besser als gedacht.

Eine mögliche Reform der auch für die Landwirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns erheblichen EU-Agrarförderung trifft auf Kritik in der Branche. Ihm fehlten die Worte, sagte Karsten Trunk, Präsident des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern bei einer Pressekonferenz zu Ernteergebnissen in Warin (Nordwestmecklenburg). „Vereinfacht würde ich wohl sagen, die müssen den Verstand verloren haben.“ Es werde die Axt an die Wurzeln der europäischen Agrarpolitik gelegt. „Die gemeinsame Agrarpolitik ist für mich das Fundament unseres Europas.“

Wie aus einem Entwurf der Europäischen Kommission für den neuen langfristigen Haushalt der EU hervorgeht, will die Brüsseler Behörde den milliardenschweren Geldtopf für die Agrarpolitik mit anderen Politikbereichen zusammenlegen. Auch die Förderkriterien könnten sich ändern. Bislang wird die Landwirtschaft über Mittel der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) gefördert.

Nach jüngsten Aussagen des Schweriner Landwirtschaftsministers, Till Backhaus (SPD), hat das Land seit 1990 rund 27 Milliarden Euro an EU-Mitteln aus GAP-Fonds in Landwirtschaft und ländliche Entwicklung investiert. Nach Angaben seines Ministeriums machen die Zahlungen aus Brüssel mehr als ein Drittel des Einkommens der Landwirte in MV aus. 

Verbandschef zufrieden mit Bundesregierung

Statt einer Zusammenlegung mit anderen Bereichen forderte Trunk „ein eigenständiges, stark erhöhtes und zweckgebundenes Agrarbudget“. Er warnte unter anderem davor, Betriebe ab einer bestimmten Größe bei der Förderung schlechter zu stellen und vor fehlender Planungssicherheit für die Betriebe. Es drohe der Abschied von einer gemeinsamen Agrarpolitik und stattdessen eine Agrarförderung getrieben von Einzelinteressen der Länder.

Mit der Richtung, die die neue Bundesregierung bei der Landwirtschaft eingeschlagen hat, zeigte sich Trunk hingegen zufrieden. Er verwies etwa auf die geplante Rücknahme der Streichungen von Agrardiesel-Vergünstigungen. Dies sei im Sinne der Wettbewerbsgleichheit in der EU. Außerdem sei die Dieselsteuer zur Erhaltung des Verkehrsnetzes erfunden worden. „Mit Traktoren sind wir nur minimal auf diesem Netz.“ Auch auf ebenfalls geplante Erleichterungen bei der Dokumentation beim Düngen verwies Trunk. Hier werde ein „bürokratisches Monster“ abgeschafft.

Gerstenernte trotz Trockenheit besser als erwartet

Die Ernte der Wintergerste ist in MV unterdessen trotz zeitweiser Trockenheit besser ausgefallen als ursprünglich erwartet. „Die Ertragsergebnisse sind überraschend positiv“, sagte Trunk. Die Ernte schwanke jedoch stark von Standort zu Standort. „Wir haben eine Spreizung von sehr zufrieden bis enttäuschend.“

Laut Landesbauernverband entspricht das Ertragsniveau trotz langer Trockenheit im Frühjahr dem langjährigen Durchschnitt. Trotzdem zeigten regional stark unterschiedliche Erträge und immer häufigere Wetterextreme, wie stark die Landwirtschaft bereits unter den Folgen des Klimawandels leide.

Zudem sind die aktuell niedrigen Getreidepreise nach Aussage Trunks nicht kostendeckend. Neben dem Wetter und Preisen müssten sich die Bauern verstärkt auf politische Faktoren einstellen: „ob durch Kriege, ob durch Zollabkommen, ob durch Handelssperren“.

Herausforderungen, die Landwirte nicht steuern können

So würden mögliche Zölle auf russischen Dünger die Preise für Düngemittel in Europa erhöhen. „Den Weizen muss ich aber auf dem Weltmarkt handeln, und auf dem Weltmarkt haben viele andere agrarische Länder halt Zugang zu preiswertem Dünger“, betonte Trunk. „Das sind Herausforderungen, die man ja mit seinem praktischen Können als Landwirt auf dem Acker nicht steuern kann.“

Trunk rechnet damit, dass es im Nordosten bei passendem Wetter ab kommendem Wochenende an den ersten Standorten mit der Ernte von Weizen beziehungsweise Raps weitergeht. 

Wintergerste aus Mecklenburg-Vorpommern wird unter anderem per Schiff über den Rostocker Hafen weltweit exportiert und dient laut Landesbauernverband vor allem als Futtermittel. Sie wurde demnach zuletzt in Mecklenburg-Vorpommern auf fast 140.000 Hektar angebaut. Die Anbaufläche von Winterweizen ist mit mehr als 285.000 Hektar mehr als doppelt so groß.

Weitere Artikel und Beiträge