Emojis machen SpaĂ, erlauben kurze, unterhaltsamere Antworten und sind selbst im Arbeitskontext lĂ€ngst ganz normal. Leider können sie aber auch missverstanden werden.Â
Das mit der Sprache ist so eine Sache. Nur weil ich weiĂ, was ich meine, kommt es beim GegenĂŒber leider nicht immer auch so an. Und mit den allgegenwĂ€rtigen Emojis wird alles nur noch komplizierter. NatĂŒrlich kann der Zwinker-Smiley beim Erkennen von Sarkasmus helfen. Klar đ Aber nicht weniger oft gibt es allein wegen der Emojis MissverstĂ€ndnisse. Oder wussten Sie, dass der Daumen hoch bei vielen Menschen regelrecht als Angriff verstanden wird?
Dabei ist das Emoji eigentlich praktisch. „Alles klar“, „machen wir so“ oder auch einfach „sehe ich genauso“ â alles ausgedrĂŒckt durch ein einzelnes Emoji. So denken aber vor allem Ă€ltere Menschen, wie eine Studie zeigt. JĂŒngere sehen das Emoji eher als Zeichen davon, dass das GegenĂŒber „offiziell alt“ ist â oder interpretieren es gleich als Aggression.
Die Emoji-Kluft
„Es zerstört den natĂŒrlichen Fluss einer Konversation und signalisiert quasi: Dieses GesprĂ€ch ist fĂŒr mich beendet“, erklĂ€rt Sprachwissenschaftler Adam Aleksic in einem Instagram-Video zur VerĂ€nderung in der Wahrnehmung des Emojis. „Das war nicht immer so. Am Anfang haben es die Menschen noch ernsthaft genutzt“, erklĂ€rt er. Doch dann habe sich die Nutzung verĂ€ndert. Immer mehr Menschen begannen, den Daumen hoch nur noch sarkastisch zu benutzen. Und plötzlich wird auch der ernstgemeinte Einsatz als Angriff verstanden.
Die Kluft verlĂ€uft offenbar vor allem zwischen den Generationen. „In meiner Generation wird es vor allem passiv-aggressiv genutzt“, erklĂ€rt ein nach eigenen Angaben 24-jĂ€hriger Reddit-Nutzer bei einer Diskussion zur Nutzung des Emojis. „Es ist extrem unhöflich, einfach nur einen Daumen hoch zu schicken. Ich musste mich wirklich umgewöhnen, weil es an meinem Arbeitsplatz völlig selbstverstĂ€ndlich genutzt wird.“ Ăltere Diskussionsteilnehmer können das kaum nachvollziehen. „Ich antworte wirklich auf 90 Prozent meiner Nachrichten so“, wundert sich einer ĂŒber die Vorstellung, dass man das feindselig interpretieren könnte.
Komplizierte Kommunikation
„Die Bedeutung verĂ€ndert sich mit dem Kontext, dem Publikum und den UmstĂ€nden“, erklĂ€rt Sprachwissenschaftler Pavel Sidorenko Bautista gegenĂŒber der Zeitung „Al Pais“. So wĂŒrde die Gen Z verbreitete Emojis ganz anders bewerten. „Der traditionelle Smiley und der Daumen hoch sind fĂŒr diese Nutzergruppe negativ besetzt. Um Freude auszudrĂŒcken, benutzen sie eher einen Totenkopf.“ Man habe sich quasi totgelacht.
Eine Studie zeigte schon 2022, dass bestimmte Emojis mit gewissen Altersgruppen assoziiert werden. Der Daumen hoch, das TrĂ€nen lachende Gesicht, ein Herzemoji und das sich die Augen zuhaltende Ăffchen â sie alle lassen ihre Nutzer alt aussehen, erklĂ€rte eine Mehrzahl der 16- bis 19-JĂ€hrigen in einer Umfrage des Unternehmens „Perspectus Global“ im Auftrag der „Daily Mail“.Â
Bei der Interpretation von Emojis gibt es aber ganz allgemein Unterschiede zwischen Bevölkerungsgruppen, wie Forscher aus China in einer letztes Jahr in der Fachzeitschrift „PLOS“ veröffentlichten Studie nachwiesen. Je nach Kultur, Alter aber auch Geschlecht lieĂen sich Unterschiede finden. Frauen erkennen die dahinterliegende Intention demnach zuverlĂ€ssiger als MĂ€nner, jĂŒngere Menschen besser als Ă€ltere. Auch emotionale Intelligenz spielt eine Rolle.Â
Daumen hoch â oder lieber nicht?
Im Falle des erhobenen Daumens kommt es oft auch einfach auf die Nutzung an. Verschickt man einen aufwĂ€ndig geschrieben Text, ein schönes Bild oder eine emotionale Nachricht und erhĂ€lt nur einen Daumen hoch als Antwort, werden das auch Ăltere hĂ€ufiger als abwertend wahrnehmen. Genauso wĂ€re es ja auch, wenn man jemandem etwas Wichtiges erzĂ€hlt â und bloĂ ein desinteressiertes „okay“ als Antwort bekommt. Da wĂ€re vermutlich eine einfĂŒhlsamere Antwort respektvoller. In anderen Kontexten ist der Daumen hoch völlig unproblematisch: „Wollen wir das so machen?“ lĂ€sst sich in Gruppenchats eben sehr effektiv mit einer BestĂ€tigung versehen.
In einem Fall sollte man ihn wohl einfach lieber ganz weglassen: Im Iran ist der Daumen hoch quer durch die Gesellschaft keine angemessene Reaktion: Die Geste entspricht dort unserem Mittelfinger.