War dieser Angriff richtig oder eskaliert Donald Trumps Alleingang die Lage? Vor allem diese Frage beschäftigt die deutschen und internationalen Medien.
Die USA haben den Iran in einer präzise durchgeplanten Militäraktion angegriffen und drei wichtige Atomanlagen getroffen. Die Einschätzungen der deutschen und internationalen Presse dazu sind gespalten.
„NZZ“ (Schweiz): „Teheran und seine Milizen in der Region – etwa im Irak – könnten nun mit Raketen auch amerikanische Einrichtungen und Truppen im Nahen Osten ins Visier nehmen. Zudem sind Terrorattentate auf weichere Ziele denkbar oder Geiselnahmen von Amerikanern, die noch immer in Iran sind. Auch eine Blockade des Schiffsverkehrs in der Straße von Hormus im Persischen Golf ist möglich. Mit der Schließung des Nadelöhrs des globalen Erdölhandels könnte Iran die Weltwirtschaft ins Schlingern bringen.
Trump möchte es offensichtlich bei diesen Militärschlägen gegen die Atomanlagen bewenden lassen. Dem amerikanischen Präsidenten ist es bewusst, dass er am Ende trotzdem eine diplomatische Lösung mit Iran finden muss. Mit den Bombardements der Nuklearanlagen haben die USA das iranische Atomprogramm vermutlich nur um wenige Jahre zurückgeworfen. Sollte das Regime überleben, könnte es nun um so entschlossener versuchen, eine Atombombe herzustellen. Möglicherweise hat Iran bereits größere Mengen seines angereicherten Urans von den nun bombardierten Nuklearanlagen an einen geheimen Ort gebracht.“
„Angriffe werden unweigerlich als Sieg der Hardliner in den USA angesehen werden“
„The Guardian“ (Großbritannien): „Der US-Präsident stand unter erheblichem Druck von republikanischen Anti-Interventionisten, die Maßnahmen gegen den Iran ablehnten. Sie befürchteten, dass die USA in einen langwierigen Versuch hineingezogen werden, die iranische Führung zu stürzen, oder dass Angriffe auf Atomanlagen nur begrenzten Erfolg haben.
In den letzten Tagen jedoch, als Trump zunehmend die Möglichkeit von Angriffen in Betracht zog und erklärte, er habe kein Interesse an einem langwierigen Krieg zur Herbeiführung eines Regimewechsels, änderten einige Berater ihre öffentlich vorgetragenen Argumente und schlugen vor, dass die USA einen schnellen Bombenangriff durchführen könnten, falls Israel allein nicht weiterkommen sollte. Wie auch immer, die Angriffe werden unweigerlich als Sieg der Hardliner in den USA angesehen werden, die auf eine robuste Haltung gegenüber dem Iran, eine entschiedene Unterstützung der israelischen Angriffe auf das Land und eine direkte militärische Beteiligung der USA gedrängt hatten.“
„The Times“ (Großbritannien): „Donald Trump hatte sich als Anti-Kriegs-Präsident präsentiert und Unterstützung bekommen mit dem Versprechen, sich von den „ewigen Kriegen“ zu distanzieren, die bisherige US-Präsidentschaften geprägt hätten, und sich wieder auf das eigene Land zu konzentrieren. Seine Entscheidung, drei Atomanlagen im Iran anzugreifen, wird sein Bündnis auf die Probe stellen. Sie birgt das Risiko, die Isolationisten in seiner Partei zu verärgern, und folgt auf eine Woche öffentlicher Auseinandersetzungen zwischen Republikanern und Mitgliedern der breiteren Maga-Bewegung über die beste Vorgehensweise. Letzte Woche sagte Trump einem Reporter, dass er entscheide, was unter ‚America First‘ zu verstehen ist. Dieser Anspruch wird nun hinterfragt werden.“
„Der Spiegel“: „Trumps erster eigener Krieg entfaltet sich so bizarr, wie man es erwarten würde von einem US-Präsidenten, der via Social Media regiert, im Ton eines Teenagers. Alles ist persönlich, alles überdreht, von Emotionen getränkt und von der Sucht nach Aufmerksamkeit. Das ist oft amüsant, diesmal ist es existenziell und wahrhaft furchterregend. (…) ‚Mein stolzestes Vermächtnis wird das eines Friedensstifters und Einigers sein‘, hatte Trump bei seiner Antrittsrede im Januar noch prophezeit. Fünf Monate später ist davon nichts geblieben. Es sei denn, man sieht Krieg als Weg zum Frieden, so wie Trump es sich zurechtlegt.
„Die Welt“: „Für diesen Angriff gab es gute Gründe, und es gab kaum vernünftige Alternativen. In deutschen Blättern und Sendern wird immer noch die Frage diskutiert, ob der Iran wirklich dabei war, eine Atombombe zu bauen. Wer sich eine Weile mit der Materie beschäftigt hat, kannte die Antwort schon lange vor Ausbruch dieses Teils des Krieges. Sie lautet: Nein, die iranische Führung war nicht gerade dabei, die Bombe zu bauen, aber sie stand kurz davor, es jederzeit tun zu können, ohne dass man sie davon hätte abhalten können. (…) Noch ist nicht klar, wie wirksam der Angriff war. Aber am Ende dieses Krieges muss eine regionale Ordnung stehen, die den Nahen Osten sicherer macht. Sie muss auch das Land Iran und das iranische Volk integrieren. Erst dann können auch wir uns sicherer fühlen. Klar ist aber: Ohne die Drohung einer iranischen Bombe ist all das eher zu erreichen.“
„t-online“: „Jede neue Eskalation im Nahen Osten, jede weitere Umdrehung der Gewaltspirale, muss die Welt zutiefst besorgen. Denn kein noch so entschiedenes Machtwort von außen, kein noch so entschlossener Militärschlag kappt die Lunte zu diesem ewigen Pulverfass. Der US-Angriff mag die Lage im Nahen Osten zwar kurzfristig beherrschbarer und zumindest für Israel sicherer machen. Ein langfristiger Frieden oder aber eine nachhaltige Entspannung sind dennoch unwahrscheinlicher denn je. Im Gegenteil: Die Krise droht zum endlosen Krieg zu werden, in den noch mehr Länder hineingezogen werden könnten und der andere teuer zu stehen kommen wird. Auch Donald Trump selbst.“
„Trump erweist sich als Gewaltherrscher, der keine Argumente kennt als die der überlegenen Waffen“
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“: „Keine der Atommächte hat ein Interesse daran, dass ihr Klub größer und damit gefährlicher wird. Trump und Netanjahu sorgten dafür, dass Iran sich nicht in nächster Zeit durch den Hintereingang einschleichen kann, dem es, was alle Verhandlungen nicht verhindern konnten, schon sehr nahe gekommen war. Doch mussten sie für diesen Erfolg erhebliche Risiken in Kauf nehmen. Wie der Doppelschlag gegen Iran in den Geschichtsbüchern bewertet werden wird, hängt jetzt auch von der Reaktion eines Regimes ab, dem man bislang mit Recht immer auch das Schlimmste zugetraut hat.“
„Junge Welt“: „Was Trumps Luftangriff auf Ziele im Iran in der Nacht zum Sonntag bewirkt hat, ist jedenfalls die Bekräftigung des Faustrechts als Ultima Ratio der internationalen Beziehungen. Wer sich Diplomatie als Alternative zur direkten Konkurrenz der Waffen vorstellt, findet sich blamiert. Es stellt sich heraus, dass Trumps Winken mit irgendwelchen Moratorien und ‚Deals‘ vorgeschoben und nur der Anlass war, mit dem Arsenal der US-Luftwaffe Israels Krieg gegen den Iran beizuspringen. Trump erweist sich als Gewaltherrscher, der keine Argumente kennt als die der überlegenen Waffen, und dessen Angebote irgendwelcher ‚Deals‘ nichts sind als verwandelte Ultimaten, lieber gleich zu kapitulieren.“
„Stuttgarter Nachrichten“: „Die Verantwortung trägt die Kleriker-Diktatur im Iran. Ein hässliches Regime, gewalttätig nach innen und außen. Dass nun Fantasien ins Kraut schießen, mit der Atomrüstung des Iran lasse sich auch gleich seine Führung entsorgen, mag verständlich sein. Aber das werden Fantasien bleiben. Mit Luftschlägen ist Regimewechsel von außen nicht zu machen. Zu viel mehr ist Israel aber nicht in der Lage. Sind die USA willens zu mehr? Erstaunlich, wie weit in Vergessenheit geraten ist, wie die Dinge von 2003 an im Irak unter ähnlichen Vorzeichen gelaufen sind. Jetzt ist der Iran zwar geschwächt. Der nochmals ausgeweitete Krieg wird aber im gesamten Nahen Osten und auch in Europa und den USA zu spüren sein.“
„Donald Trump hat genau den Angriff befohlen, den Netanjahu von ihm haben wollte“
„Nürnberger Zeitung“: „Trump erhoffte sich einen gefahrlosen und eindeutigen Triumph über die Islamische Republik. Doch das ist eine Schimäre: Das iranische Atomprogramm kann nicht mit einem einzigen Einsatz von US-Bombern zerstört werden. Außerdem haben die Iraner nach eigenen Angaben wichtiges Atommaterial in den Tagen vor dem Angriff in Sicherheit gebracht. Trump muss nun befürchten, dass der Iran oder die Huthis im Jemen bei Vergeltungsschlägen amerikanische Soldaten töten; dann würden die USA wieder angreifen müssen und sich noch tiefer in den Konflikt verstricken.“
„Landshuter Zeitung/Straubinger Tagblatt“: „Netanjahu warnt seit Jahrzehnten vor dem Iran – und ist gleichzeitig ein intimer Kenner der amerikanischen Innenpolitik. Gut möglich, dass er Trump genau in die Position locken wollte, in der er sich jetzt befindet: Der US-Präsident ist nun Kriegsherr am Golf. Und er hat genau den Angriff befohlen, den Netanjahu von ihm haben wollte.“
„Märkische Oderzeitung“: „Mit dem Eingreifen der USA in den Israel-Iran-Krieg beginnt eine gefährliche Phase. Es kann nun geschehen, dass die Auseinandersetzung sich über die beiden Staaten hinaus ausweitet. Zwei Umstände begrenzen allerdings die Optionen des Iran. Die Abschussrampen für seine Raketen sind durch Israels Angriffe stark dezimiert. Und: Der Iran hat kaum Freunde in der Region. Im Gegenteil: Viele sind insgeheim froh, dass sein Atomwaffenprogramm nun offenbar zum großen Teil vernichtet ist. Dies ist bei aller Kritik am Vorgehen von USA und Israel eine Erleichterung für die Region und die Welt. Der Konflikt tritt jetzt möglicherweise in eine gefährliche Phase ein. Aber er wird auch künftig nicht mit einer Atombombe geführt.“