Fritz Streletz hielt den Sozialismus für humanistisch und die Berliner Mauer für richtig. Auch lange, nachdem sein Staat Geschichte war. Nun ist er gestorben.
Noch lange nach Ende der DDR pflegte der frühere Vize-Verteidigungsminister Fritz Streletz die Kontakte zu den alten Genossen. Er sprach vor ehemaligen Grenzsoldaten, reiste in alle Welt, besuchte in China die Kommunistische Partei.
Streletz wähnte sich auf der richtigen Seite und wetterte gegen den Westen. Zuletzt tauchte er in der Öffentlichkeit aber kaum noch auf. Nun ist der einstige Generaloberst im Alter von 98 Jahren nach langer, schwerer Krankheit gestorben, wie der Eulenspiegel-Verlag unter Berufung auf die Familie mitteilte.
Demnach verstarb er in einer Pflegeeinrichtung in Oranienburg in Brandenburg. Zuvor hatte Streletz im brandenburgischen Strausberg gelebt.
Fritz Streletz machte zunächst in der DDR-Volkspolizei Karriere
Verbunden ist sein Name vor allem mit dem Grenzregime der DDR und den Mauertoten. Geboren 1926 im heutigen Polen (damals Oberschlesien), machte Streletz nach dem Zweiten Weltkrieg und sowjetischer Kriegsgefangenschaft zunächst in der DDR-Volkspolizei Karriere.
1971 wurde er Sekretär des Nationalen Verteidigungsrates der DDR, später Stellvertreter von Verteidigungsminister Heinz Keßler. Im Ministerium war Streletz 25 Jahre für „besondere Vorkommnisse an der Grenze“ verantwortlich.
Wegen Anstiftung zum Totschlag verurteilt – zu fünfeinhalb Jahren Haft
Nach der Deutschen Einheit wurde er wegen Anstiftung zum Totschlag an DDR-Flüchtlingen zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Einen Teil der Strafe verbüßte er im Gefängnis, bevor er 1997 vorzeitig entlassen wurde. Doch er selbst sah sich als unschuldig. Dass es einen Schießbefehl an der Mauer gab, leugnete er.
Streletz sagte, DDR-Soldaten hätten auf „Grenzverletzer“ nur als „absolute Ausnahme“ geschossen. Die Zahl der Mauertoten werde aufgebauscht. Zum Erhalt des Friedens in Europa seien „viele Härten, viel Leid und viele Unannehmlichkeiten“ unumgänglich gewesen. Streletz sprach von Hetze und Kriminalisierung der DDR-Grenztruppen.
Streletz verteidigte Mauer als richtig und notwendig
Auch die Mauer verteidigte der Offizier als richtig und notwendig. Gemeinsam mit seinem früheren Chef Keßler veröffentlichte er 2011 das Buch „Ohne die Mauer hätte es Krieg gegeben“.
Darin heißt es: „Die Arbeiter und alle Werktätigen der Deutschen Demokratischen Republik atmeten nach dem 13. August 1961 erleichtert auf, weil dem Treiben der Bonner Menschenhändler und Revanchepolitiker ein schnelles Ende bereitet wurde. Jetzt ist die Atmosphäre gereinigt und die Perspektive klar.“ SED-Opfer reagierten entsetzt.
Nach Angaben des Verlegers Frank Schumann war der Ex-Funktionär, der im brandenburgischen Strausberg lebte, bis ins hohe Alter politisch aktiv. Immer wieder habe Streletz auch die frühere DDR-Ministerin für Volksbildung, Margot Honecker, besucht. Die Witwe von SED-Parteichef und DDR-Staatschef Erich Honecker starb dann im Mai 2016 im Alter von 89 Jahren im Asyl in Santiago de Chile.